Vorwort
Hilfswerk Österreich
Interpersonale Gewalt gehört – wie Gewalt überhaupt – mit Sicherheit zu den schlimmsten Lebenserfahrungen, mit welchen sich Menschen konfrontiert sehen können. Gewalterfahrung traumatisiert. Sie beschädigt Individuen, oft auch Familien, manchmal ganze soziale Systeme, Gesellschaften und Kulturen. Gewalterfahrung richtet oft Schaden für ein ganzes Leben an, manchmal auch über Generationen.
Als in besonderem Maße inakzeptabel wird Gewalt zu Recht dort empfunden, wo sie sich gegen Schwächere und Abhängige richtet. Etwa gegen Kinder, die auf unseren Schutz und unsere Fürsorge angewiesen sind. Oder gegen Frauen, die aus unterschiedlichen (auch soziokulturellen Gründen) öfter Opfer von interpersonaler Gewalt werden als Männer. Aber auch ältere Menschen, insbesondere dann wenn sie hilfs- und pflegebedürftig sind, werden immer wieder zu Opfern von Gewalthandlungen.
Es ist daher höchst an der Zeit, dass sich eine Studie in systematischer Weise relevanten Fragestellungen und Dokumentationen rund um Gewaltprävalenz und Gewaltprävention mit Fokus auf Kinder und Jugendliche, Frauen und Familien sowie ältere Menschen nähert. Dies mit dem klaren Ziel, die komplexen Wechselwirkungen und Wirkmechanismen im Kontext von Gewalt zu erhellen und Grundlagen für wirksame Gewaltprävention zu schaffen.
Hinter diesem Anliegen steht auch das Hilfswerk Österreich, dem gemäß seines statutengemäßen Auftrages als Gemeinwohlträger in der Kinderbetreuung und Jugendarbeit, in der Familienberatung und Krisenbegleitung sowie in der Hauskrankenpflege und Altenhilfe die in der gegenständlichen Studie in den Fokus genommenen Gruppen potentiell von Gewalt Betroffener ein besonders Anliegen sind.
In jedem Falle gilt es, Gewalt zu vermeiden. Mit aller Kraft und voller Wirkung.
Elisabeth Anselm
Geschäftsführerin
Hilfswerk Österreich
Jahrbuch Gewaltprävention
Nicht zuletzt durch die Medienberichte der vergangenen Jahre ist Gewalt mittlerweile zu einem nahezu inflationär verwendeten Begriff geworden, wobei dieser in verschiedenen Zusammenhängen und mit unterschiedlicher Intention verwendet wird. Um Gewalt und davon ausgehend Gewaltprävention fassbar zu machen sowie dahingehende Maßnahmen setzen zu können, bedarf es jedoch eines möglichst breit angelegten transdisziplinären Diskurses und eines Konsenses darüber, was unter Gewalt verstanden werden kann. Und es braucht eine enttabuisierende, wertfreie und forschende Haltung, um methodische Überlegungen hinsichtlich der Aufdeckung des Dunkelfeldes unter Bezugnahme auf die Opfer- und die Täter- bzw. Täterinnenperspektive anstellen zu können sowie neue grenzüberschreitende Tendenzen wie beispielsweise Cyberbullying als eine Form von Gewalt identifizieren und benennen zu können. Fernab der Entwicklung eines wissenschaftlich reflektierten Problembewusstseins muss Gewaltprävention zudem als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrgenommen werden, in die sowohl im praktischen Handlungsfeld tätige und zivilgesellschaftliche Akteure, als auch die öffentliche Verwaltung und politische Entscheidungsträger eingebunden sind. Die vorliegende Publikation bietet durch die Zusammenführung und Strukturierung von Datenmaterial aus unterschiedlichen Quellen einen aktuellen Bezugsrahmen für die aktive Auseinandersetzung mit Fragen der Gewaltprävention und dient als Grundlage und Statement für einen verantwortungsvollen Umgang mit interpersonaler Gewalt.
Mag.a Natascha Florence Bousa
Gewaltprävention
Das Kuratorium Sicheres Österreich (KSÖ) engagiert sich seit mehr als 40 Jahren in der Arbeit für mehr Sicherheit in Österreich. Prävention und Bewusstseinsbildung sind dabei zwei wesentliche Arbeitsprinzipien, die das KSÖ in unterschiedlichsten Themenfeldern umzusetzen versucht.
Gewaltprävention ist ein zentrales Handlungsfeld in der Präventionsarbeit des KSÖ. Das KSÖ versucht dabei gemeinsam mit staatlichen Akteuren, mit ExpertInnen aus der Wissenschaft und mit Nicht-Regierungsorganisationen Kompetenzen aufzubauen, an MultiplikatorInnen weiterzugeben und so die Perspektiven für (potentielle) Opfer von Gewalthandlungen zu verbessern.
Mit der vorliegenden Publikation soll ein Prozess eingeleitet werden, der die Erarbeitung eines von allen relevanten Stake-Holdern mitgetragenen Indikatorenmodells zur systematischen Erfassung von Dimensionen und Prävalenz von Gewalt in Österreich ermöglicht. Unser Ziel dabei ist es, mittels statistischer Indikatoren ein Steuerungsinstrument zu entwickeln, das es Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft ermöglicht, aus aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen die notwendigen und richtigen Steuerungsmaßnahmen abzuleiten. Das ist unser Anspruch und diesem Ziel gilt unsere gemeinsame Anstrengung.
Dr. Alexander Janda
Generalsekretär, KSÖ